Friedensnobelpreis für Trump – Ist es heute soweit?

Heute entscheidet Oslo über den Friedensnobelpreis 2025. Und wenn es nach ihm ginge, gäbe es keine Diskussion: Der Friedensnobelpreis für Trump wäre längst überfällig. Sieben beendete Kriege, der Gaza-Durchbruch – sagt er. Höchste Zeit, das einzuordnen.

Der Gaza-Durchbruch: Ein Erfolg, den man anerkennen muss

In den vergangenen Tagen haben Hamas und Israel tatsächlich der ersten Phase von Trumps Friedensplan für Gaza zugestimmt.[^1] Nach zwei Jahren Krieg ist das zweifellos bedeutsam. Die Vereinbarung sieht die Freilassung aller israelischen Geiseln vor, einen Rückzug der israelischen Truppen auf eine vereinbarte Linie und den Austausch von etwa 250 zu lebenslanger Haft verurteilten palästinensischen Häftlingen sowie rund 1.700 nach dem 7. Oktober 2023 Inhaftierten.[^2]

Das hat vor ihm niemand geschafft. Bei aller berechtigten Kritik an Trump muss man ihm diesen diplomatischen Erfolg zugestehen. Die Verhandlungen unter Beteiligung von Katar, Ägypten und der Türkei in Scharm el-Scheich waren komplex und das Ergebnis gibt Millionen Menschen Hoffnung.

Die Mär von den „sieben beendeten Kriegen“

Trump behauptet seit seiner UN-Rede im September immer wieder, er habe „sieben endlose Kriege in sieben Monaten“ beendet.[^3] Bei genauerer Prüfung entpuppt sich diese Aussage als dreiste Übertreibung oder schlicht als Lüge.

Konflikte, die nie existierten

Armenien-Kambodscha: Trump will einen Krieg zwischen diesen über 6.500 Kilometer voneinander entfernten Ländern beendet haben. Ein Konflikt, der schlicht nie existierte.[^4]

Ägypten-Äthiopien: Zwar gab es Spannungen wegen des Renaissance-Staudamms, aber keinen Krieg.[^5]

Kosovo-Serbien: Seit den 1990er Jahren befinden sich beide Länder nicht mehr im Krieg, trotz anhaltender Spannungen.[^6]

Waffenruhen sind keine Friedensschlüsse

Kambodscha-Thailand: Ein mehrtägiger Grenzkonflikt endete mit einem Waffenstillstand, nachdem Trump mit Strafzöllen gedroht hatte.[^7] Das ist kein dauerhafter Frieden.

Indien-Pakistan: Beide Länder einigten sich auf eine Waffenruhe. Pakistan lobte Trump, Indien bestreitet eine entscheidende US-Rolle.[^8] Der grundlegende Konflikt bleibt ungelöst.

Israel-Iran: Eine temporäre Waffenruhe nach US-Angriffen auf iranische Atomanlagen. Der Konflikt schwelt weiter.[^9]

Experten wie der Historiker Asle Sveen bringen es auf den Punkt: Trump habe bisher „keinen Konflikt final gelöst“. Seine Behauptungen über beendete Kriege seien größtenteils „pure Fiktion“ und „Friedenslügen“.[^10]

Was objektiv für einen Friedensnobelpreis sprechen könnte

Die Abraham-Abkommen

Trumps bedeutendster außenpolitischer Erfolg waren die Normalisierungsabkommen zwischen Israel und vier arabischen Staaten – den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und Sudan.[^11] Diese Abkommen durchbrachen jahrzehntelange Feindschaften und ermöglichten diplomatische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen. Das ist eine echte Leistung.

Nordkorea-Diplomatie

Trump war der erste amtierende US-Präsident, der nordkoreanischen Boden betrat. Seine drei Gipfeltreffen mit Kim Jong-un brachten zwar keine vollständige Denuklearisierung, aber eine deutliche Deeskalation der Spannungen.[^12]

Internationale Unterstützung

Mehrere Länder haben Trump nominiert, darunter Israel unter Netanyahu, Pakistan, Kambodscha, Armenien und Aserbaidschan. Netanyahu erklärte öffentlich: „Es besteht kein Zweifel, er den Friedensnobelpreis verdient hat“.[^13]

Warum Trump den Preis trotzdem nicht verdient

Systematische Zerstörung des Multilateralismus

Trump zog die USA aus zahlreichen multilateralen Vereinbarungen zurück: dem Pariser Klimaabkommen, dem Iran-Atomabkommen und der Trans-Pacific Partnership.[^14] Seine „America First“-Politik untergräbt systematisch die regelbasierte internationale Ordnung. Er stellte sogar die NATO-Beistandsklausel infrage und drohte mit dem Rückzug aus dem Bündnis.[^15]

Das ist das Gegenteil dessen, wofür der Friedensnobelpreis steht. Alfred Nobel wollte die „Brüderlichkeit zwischen den Nationen“ fördern. Trump tut das Gegenteil.

Aggressive Handelspolitik als Waffe

Trump führte einen beispiellosen Handelskrieg mit Strafzöllen von bis zu 145 Prozent gegen China und drohte der EU mit Zöllen von 20-50 Prozent.[^16] Diese Politik destabilisiert die Weltwirtschaft und schadet dem internationalen Handel. Frieden schafft man nicht durch Wirtschaftskriege.

Problematische Rolle im Nahen Osten

Kritiker werfen Trump vor, Netanyahu „freie Hand“ bei der Bombardierung Gazas gelassen zu haben. Seine Vorschläge zur „Vertreibung der Palästinenser“ und Ideen einer „Riviera im Nahen Osten“ sind höchst umstritten.[^17] Der aktuelle Gaza-Durchbruch kommt erst nach zwei Jahren verheerendem Krieg, bei dem Trump Israel massiv militärisch unterstützte.

Aushöhlung demokratischer Institutionen

In diesen Tagen schickt Trump US-Militärs gegen Bundesstaaten und hebelt die Rechte seiner eigenen Bürger aus. Er ignoriert die eigene Verfassung. Wer im Inland Grundrechte missachtet und demokratische Institutionen angreift, kann nicht glaubwürdig als Friedensstifter auftreten.

Das Timing-Problem

Selbst wenn man all diese Bedenken beiseite lassen würde: Das norwegische Nobelkomitee hat seine Entscheidung bereits vor dem Gaza-Durchbruch getroffen. Die letzte Sitzung fand am Montag vor der Bekanntgabe statt.[^18] Der jüngste Erfolg kann die diesjährige Vergabe also gar nicht mehr beeinflussen.

Zudem kamen die meisten öffentlichen Nominierungen zu spät – die Frist endete am 31. Januar.[^19]

Lehren aus der Geschichte

Ein Blick in die Geschichte des Friedensnobelpreises zeigt, dass die Vergabe oft kontrovers war. Henry Kissinger erhielt ihn 1973 trotz seiner Mitverantwortung für die „völkerrechtswidrige Flächenbombardierung in Kambodscha“ – eine Entscheidung, die als „Tiefpunkt“ gilt.[^20] Jassir Arafat wurde 1994 ausgezeichnet, obwohl er „über lange Zeit für gewaltsame Anschläge mitverantwortlich“ war.[^21]

Barack Obama erhielt den Preis 2009 nach nur neun Monaten im Amt und räumte selbst ein, dass das bisher von ihm Erreichte „gering“ sei.[^22] Er wurde später für seinen Drohnenkrieg kritisiert.

Diese Beispiele zeigen: Der Friedensnobelpreis wurde schon oft fragwürdig vergeben. Aber sie zeigen auch, dass echte Friedensleistungen mehr sein müssen als temporäre Waffenruhen und PR-Coups.

Mein Fazit

Trump wird den Friedensnobelpreis nicht bekommen. Und das ist auch richtig so. Der Gaza-Durchbruch ist ein wichtiger Erfolg, keine Frage. Aber ein Friedensnobelpreis würdigt nicht nur eine einzelne Leistung, sondern die Gesamtbilanz. Und diese Gesamtbilanz fällt bei Trump verheerend aus.

Wer systematisch internationale Institutionen schwächt, Handelskriege führt, demokratische Grundrechte im eigenen Land aushöhlt und zwei Jahre lang zusah, wie Gaza bombardiert wurde, hat den wichtigsten Friedenspreis der Welt nicht verdient. Auch wenn er nun am Ende eine Waffenruhe vermittelt hat.

Friedensforscher bringen es auf den Punkt: Trumps Politik untergrabe „die Vereinten Nationen und die internationale Gerichtsbarkeit“ und schaffe „intern die Demokratie ab“.[^23] Das entspricht nicht Alfred Nobels Vision der „Brüderlichkeit zwischen den Nationen“.

Für künftige Jahre wird entscheidend sein, ob Trumps Gaza-Plan nachhaltigen Frieden bringt oder nur eine weitere temporäre Waffenruhe ist. Bisher spricht seine Erfolgsbilanz nicht dafür.


Quellen

[^1]: Tagesschau: „Das sieht der Geisel-Deal zwischen Israel und der Hamas vor“, https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-hamas-einigung-100.html

[^2]: FAZ: „Geiseln sollen freikommen: Israel und Hamas stimmen erster Phase von Trumps Friedensplan zu“, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/geiseln-sollen-freikommen-israel-und-hamas-stimmen-erster-phase-von-trumps-friedensplan-zu-accg-110723395.html

[^3]: DW: „US-Präsident Donald Trump UN-Generaldebatte Vereinte Nationen Kriege“, https://www.dw.com/de/us-pr%C3%A4sident-donald-trump-un-generaldebatte-vereinte-nationen-kriege-v1/a-74112962

[^4]: IPG Journal: „Selbsternannter Peacemaker“, https://www.ipg-journal.de/aus-dem-netz/artikel/selbsternannter-peacemaker-8571/

[^5]: IPG Journal: „Selbsternannter Peacemaker“, https://www.ipg-journal.de/aus-dem-netz/artikel/selbsternannter-peacemaker-8571/

[^6]: IPG Journal: „Selbsternannter Peacemaker“, https://www.ipg-journal.de/aus-dem-netz/artikel/selbsternannter-peacemaker-8571/

[^7]: ZDF heute: „Trump Friedensnobelpreis Chancen“, https://www.zdfheute.de/politik/ausland/trump-friedensnobelpreis-chancen-100.html

[^8]: ZDF heute: „Trump Friedensnobelpreis Chancen“, https://www.zdfheute.de/politik/ausland/trump-friedensnobelpreis-chancen-100.html

[^9]: ZDF heute: „Trump Friedensnobelpreis Chancen“, https://www.zdfheute.de/politik/ausland/trump-friedensnobelpreis-chancen-100.html

[^10]: n-tv: „Donald Trump bekommt wohl nicht den Friedensnobelpreis“, https://www.n-tv.de/politik/Donald-Trump-bekommt-wohl-nicht-den-Friedensnobelpreis-article26085390.html

[^11]: Wikipedia: „Friedensvertrag zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten“, https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensvertrag_zwischen_Israel_und_den_Vereinigten_Arabischen_Emiraten

[^12]: Spiegel: „Donald Trump überschreitet Grenzlinie zu Nordkorea – Treffen mit Kim Jong Un“, https://www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-ueberschreitet-grenzlinie-zu-nordkorea-treffen-mit-kim-jong-un-a-1275054.html

[^13]: ZDF heute: „Trump Friedensnobelpreis Chancen“, https://www.zdfheute.de/politik/ausland/trump-friedensnobelpreis-chancen-100.html

[^14]: DW: „Wie Donald Trump die Weltpolitik verändert hat“, https://www.dw.com/de/wie-donald-trump-die-weltpolitik-ver%C3%A4ndert-hat/a-55296719

[^15]: SWP Berlin: „Multilateralismus in der Ära Trump“, https://www.swp-berlin.org/10.18449/2019S27/

[^16]: Tagesschau: „Trump Zölle EU China“, https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/trump-zoelle-eu-china-100.html

[^17]: Handelsblatt: „Kommentar Contra: Trump untergräbt die multilaterale Friedensordnung“, https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-contra-trump-untergraebt-die-multilaterale-friedensordnung/100161288.html

[^18]: Tagesschau: „Nobelpreiskomittee Entscheidung Friedensnobelpreis“, https://www.tagesschau.de/ausland/nobelpreiskomittee-entscheidung-friedensnobelpreis-100.html

[^19]: Watson: „Friedensnobelpreis: Diese Frau hat Donald Trump nominiert“, https://www.watson.ch/international/donald-trump/467042177-friedensnobelpreis-diese-frau-hat-donald-trump-nominiert

[^20]: Spiegel: „Friedensnobelpreis: Kissinger bekam ihn, Gandhi nicht“, https://www.spiegel.de/politik/ausland/friedensnobelpreis-kissinger-bekam-ihn-gandhi-nicht-a-442291.html

[^21]: Welt: „Barack Obama, Jassir Arafat: Die großen Fehlentscheidungen beim Friedensnobelpreis“, https://www.welt.de/politik/ausland/article147389789/Barack-Obama-Jassir-Arafat-Die-grossen-Fehlentscheidungen-beim-Friedensnobelpreis.html

[^22]: Spiegel: „Nobelpreis-Vergabe: Obama verteidigt Gewalt im Namen des Friedens“, https://www.spiegel.de/politik/ausland/nobelpreis-vergabe-obama-verteidigt-gewalt-im-namen-des-friedens-a-666344.html

[^23]: MDR: „Friedensnobelpreis Trump USA Gaza Israel Ukraine“, https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/friedensnobelpreis-trump-usa-gaza-israel-ukraine-100.html

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